Als aller erstes möchte ich mich bedanken – bei Katja dafür, dass Sie mir nicht nur das Training zeitlich ermöglicht hat, sondern mich auch ganz phantastisch zusammen mit den Kindern im Rennen angefeuert hat. Dann natürlich auch bei allen Freunden, die mir gute Wünsche und Tipps haben zukommen lassen. Und last not least bei allen freiwilligen Helfern am Renntag – ohne Euch wäre diese tolle Veranstaltung nicht möglich gewesen!
Zur Vorgeschichte: Im Dezember 2015 hatte ich entschieden, mich für den Ironman Wiesbaden anzumelden. Grund war unter anderem eine spezielle Promotion, dass man bei Anmeldung während der Weihnachtszeit eine Person der Wahl mit in den Zielbereich nehmen konnte, die einen beim Zieleinlauf empfangen darf. In den Wintermonaten habe ich den Fokus auf das Lauftraining gelegt, aber auch einiges auf dem Rollentrainer trainiert. Den Frankfurt-Halbmarathon mit einer geplanten Zielzeit unter 1:30h musste ich dann wegen einem Infekt absagen. Ende März war das Rad-Trainingslager auf Mallorca angesetzt. Die ersten fünf Tage davon liefen sehr gut, danach musste ich mit erneuter Erkältung und hohem Fieber abbrechen. Ende April bin ich dann in den 16 Wochen Trainingsplan für den Ironman Wiesbaden gestartet. Dass das durchaus umfangreiche Training der ersten Monate des Jahres Früchte trägt, konnte ich erstmals beim 40km Zeitfahren der Triathlon Equipe Elz Anfang Mai beweisen – Bestzeit um über 5 Minuten auf 57:07min verbessert. In den Wochen bis zum Rennen habe ich in Summe 50km Schwimmen, 2.100km Rad und 420km Laufen hinter mich gebracht und dabei viele tolle Trainingseinheiten gehabt – 97km Radfahren mit einem 37er Schnitt auf Grundlagenausdauer 2 hätte ich Anfang des Jahres nicht für möglich gehalten.
Mein A-Ziel für den Wettkampf war klar gesteckt: Finish Sub 5:25h. Beim Schwimmen hatte ich 38 Min angepeilt, 4 Min für den ersten Wechsel, 3:00h für das Radfahren, 3 Min für den zweiten Wechsel und 1:40h für den abschließenden Halbmarathon. Für den absolut schlechtesten Fall (Wind, hohe Temperatur, etc.) hatte ich eine Zeit unter 6:00h angepeilt, war mir aber sicher, dass dieser nicht eintreten würde. Katja hatte sogar noch eine ganz tolle Fan-Bekleidung vorbereitet, damit ich die ganze Familie beim Anfeuern auch wirklich nicht übersehe.
In der letzten Woche vor dem Wettkampf dann die Ernüchterung: Magen-Darm-Infekt in der ganzen Familie. Angefangen hatte es bei Katja, dann bei mir und schließlich bei den Kindern. Am Mittwoch ging es mir wieder besser, am Donnerstag Abend kam der Infekt dann aber mit Wucht (und Durchschlag :-)) zurück. Am Samstag morgen war es wieder etwas besser, aber schon der Versuch des Carbo Loadings führte zurück auf Los. Am Rennmorgen habe ich um 05.00h ein Frühstück versucht – mehr als einen Joghurt bekam ich nicht herunter – und der kam dann auch um 06.00h mit den Resten des Vorabends gleich wieder oben raus. Super. Da las ich dann nochmal die genauen finanziellen Regelungen einer krankheitsbedingten Absage durch ;-). Aber Kneifen war nicht, also sind wir alle zusammen um 06:15h nach Raunheim gefahren.
Als wir am Raunheimer Waldsee ankamen und ein unablässiger Strom von Teilnehmern zum Startbereich pilgerte, kam trotz der Rahmenbedingungen Vorfreude auf. Das war der Moment, für den ich trainiert habe. In der Wechselzone dann noch schnell die letzten Vorbereitungen für den Start treffen und dann ging es auch schon ruck-zuck zum Schwimmstart. Der Kurs musste im Vergleich zu den Vorjahren verändert werden, da der See noch immer eine aktive Kiesgrube ist.
Der neue Kurs hatte Ähnlichkeit mit einem Pilz und ich dachte mir: Wow, so sähe das wohl aus, wenn mir jemand sagt: „Schwimm eine gerade Linie im Freiwasser“ ;-).
Mit über 2.000 weiteren Athleten am Start zu stehen, war dann schon ein tolles Gefühl.
In der Tat war die Navigation im See nicht ganz so einfach, wegen der tiefstehenden Morgensonne und den vielen Athleten waren die Bojen teilweise nur schwer zu erkennen. In Summe lief das Schwimmen zwar nicht zeitlich, aber doch zumindest gefühlt deutlich besser als befürchtet – kein zu heftiger Körperkontakt mit anderen Athleten, keine Atemnot, keine Bauchschmerzen. Soweit, so gut.
Beim kurzen Zwischenlandgang die überraschende Anfeuerung von Katja und den Kindern, die mich in der Menge der mit Neoprenanzug, Schwimmbrille und Badekappe verkleideten Menschen tatsächlich entdeckt hatten. Nochmal weitere 500m Schwimmen und dann war der erste Teil geschafft – 1,9km Schwimmen in 42:21min. Rang in meiner Altersklasse: 160 von 215 – aber das kenne ich ja schon ;-).
Nach einem schnellen Wechsel ging es dann auf das Rad. Die ersten 15km waren relativ flach, ich fuhr ohne große Mühe einen 38er Schnitt, blieb aber trotzdem deutlich unter meiner Ziel-Leistung von 242 Watt. Danach kamen die ersten leichten Steigungen. Bergan versuchte ich, eine Tretleistung zwischen 220 und 260 Watt zu erreichen, mit den kurzen Abfahrten kam ich im Mittel der ersten Stunde gerade einmal auf 203 Watt – oh je! Langsam müsste ich mal etwas essen oder trinken, dachte ich. Ich versuchte es mit einem Gel – mein Magen fand die Idee nicht so gut und reagierte mit ziemlicher Druckbildung. Das macht in der Aeroposition nicht sehr glücklich. Also keine Gels mehr für den Rest des Wettkampfs. Dann habe ich es mit meinen Iso-Getränken versucht, auch die vertrug ich nicht besser – also an der Verpflegungsstation Wasser gegriffen. Nach 40km begann dann der Anstieg zur Platte. Diese wollte ich mit 295 Watt hochfahren, im Training hatte ich das auf einer langen Runde relativ locker mit 285 Watt gemacht. Jetzt kam ich gerade mal auf 262 Watt – Mann, war das bitter. Ich dachte nur: Was für ein Glück, das ich mit diesem Sport nicht mein Geld verdiene ;-). Oben auf der Platte kam mir dann der Führende – Andreas Dreitz – entgegen. Der hat’s gut, dachte ich, er geht gleich auf die Laufstrecke und ich hab noch 45km vor mir… In der letzten Stunde schwanden dann die Kräfte, natürlich auch aufgrund der fehlenden Energiezufuhr, weiter. Nach 3:08:49h ging ich in den zweiten Wechsel. Damit war die Radzeit gar nicht soviel langsamer als geplant, obwohl ich im Durchschnitt nur 189 Watt getreten habe. Im ganzen Training habe ich nicht eine einzige Radfahrt mit so geringer Durchschnittsleistung absolviert – das Mittel aller langen Radeinheiten lag bei 219 Watt, meine beste Einheit bei 242 Watt plus anschließendem Koppellauf auf Race Pace. Egal, weiter geht’s, Rang 94 nach dem Radfahren.
Die ersten zwei Kilometer auf einem 5:00 min/km Schnitt waren noch ganz ok und ich dachte, dass ich zumindest eine Gesamtzeit um die 5:49h schaffen könnte. Doch dann kamen die Magenkrämpfe erst so richtig;-). An der ersten Verpflegungsstelle hatte ich Cola genommen – keine gute Idee. Kohlensäure und Zucker waren eine – leider im wahrsten Sinne des Wortes – explosive Mischung. In meinem Magen hat es so gerumpelt, dass ich bergab gegangen bin aus Sorge, es nicht mehr bis zum nächsten Dixi Klo zu schaffen. Endlich kam eines – also der erste Not-Stopp. Die erste Hälfte des Halbmarathons hatte ich nach 59 Minuten, danach wurden die Magenkrämpfe noch schlimmer… Ich habe während des Laufens soviel Methan produziert, dass man ein Biogas-Kraftwerk eine gute Woche hätte betreiben können. Also ein weiterer, noch längerer Dixi-Stop. Wenn ich nicht gewusst hätte, dass Katja, Paula und Philip im Ziel auf mich warten, um mir die Medaille umzuhängen, wäre ich spätestens jetzt ausgestiegen. Ich habe mich dann noch durch zwei weitere Runden gekämpft. Dass man gegen Ende des Wettkampfs Schmerzen aushalten muss, war mir vorher sehr bewusst – ich hatte diese nur eher in den Beinen vermutet.
Nach 06:07:30h lief ich dann als 134. meiner Altersklasse endlich über die Ziellinie und der Moment, den ich mir so lange vorgestellt hatte, war da: Meine Familie empfing mich und Paula hängte mir die Medaille um. Das war wirklich ein sehr schöner Moment!
Mit zwei Tagen Abstand muss ich sagen, dass ich auf der einen Seite sehr zufrieden damit bin, trotz des Infekts überhaupt angetreten zu sein und den Wettkampf dann auch beendet zu haben. Die äußeren Bedingungen waren optimal, ich bin ohne technische Probleme durchgekommen, die Wechsel waren sehr gut und schnell, und auch das Schwimmen verlief besser als erwartet. Trotzdem bleibt die Unzufriedenheit, meine Trainingsleistungen nicht ansatzweise in Wiesbaden gezeigt zu haben, und das bereits bei einem zweiten Wettkampf in einem Jahr. Für das nächste Jahr werde ich mir also überlegen, ob ich nicht eher auf eine etwas größere Anzahl kürzerer Distanzen gehe. Zum einen reduzieren sich die notwendigen Trainingsumfänge, zum anderen setzt man nicht alles auf den einen großen „Haupt-Wettkampf“.
In Summe war es eine tolle Erfahrung, die ich nicht missen möchte, und langfristig auch ganz sicher nicht mein letzter Ironman.